Das ist die Nummer 1: Ansicht von vorne mit dem Fahrerstand

Tausende feiern neue Schwebebahn

Gereckte Hälse, gezückte Fotokameras, gespannte Gesichter: Es ist ein wahrhaft historischer Moment in Wuppertal, als am Samstag, 14. November, um Punkt 11.15 Uhr im Herzen des Stadtteils Vohwinkel zwei bananengelbe LKW die Vohwinkeler Straße im Schritttempo herauf fahren, begleitet von Blaulicht und Trommelwirbeln. „Hallo Wuppertal! Jetzt bin ich da!“ steht auf der großen Plane, die binnen Kurzem das enthüllen wird, worauf sowohl Einheimische als auch Touristen lange und mit großer Spannung gewartet haben: die neue Schwebebahn-Generation der Wuppertaler Stadtwerke.

„Ich bin überwältigt von der Menschenmenge und überglücklich, dass die neue Schwebebahn endlich da ist“, sagte Andreas Feicht, Vorstandvorsitzender der Wuppertaler Stadtwerke, angesichts der tausenden Besucher, die zum Bürgerfest erschienen waren, um die Ankunft des ersten von insgesamt 31 Wagen im neuen Design zu feiern. „Die Schwebebahn, bekannt in ganz Deutschland und der Welt, ist nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal unserer Stadt, sondern auch im Alltag als Verkehrsmittel fest verankert“, sagte Wuppertals Oberbürgermeister Andreas Mucke.

Dementsprechend tosend war der Applaus der rund 5000 Besucher, als um 11.30 Uhr die Plane fiel und das Objekt enthüllte, an dem Menschen und Unternehmen aus ganz Europa mitgewirkt haben: Montiert werden die Fahrzeuge im Werk von Vossloh Rail Vehicles im rund 1800 Kilometer entfernten spanischen Valencia. Die Hauptkonstruktion stammt aus Österreich, die Technik wurde in Düsseldorf konzipiert und gebaut, Fenster- und Türenscheiben werden in der Türkei gefertigt sowie in Wuppertal weiterverarbeitet, die Zugsicherung liefert Belgien. „Das ist das Ergebnis von fünf Jahren intensiver Zusammenarbeit“, sagte Feicht. „Es ist eine Herausforderung, aber auch ein Privileg für die Wuppertaler Stadtwerke, diese Schwebebahn nach Wuppertal holen zu dürfen. Das ist ein Generationen-Projekt, das unsere Stadt für die nächsten 40 Jahre prägen wird.“ Er sei fasziniert von der extrem hohen Qualität und von der Tatsache, dass der Wagen genau dem entspreche, was man sich mit Blick auf das Design erhofft habe, ergänzte Feicht.

Für das Design der neuen Wagengeneration zeichnet das Berliner Designbüro „büro+staubach“ verantwortlich. „Wir haben den Spagat zwischen dem alten Kaiserwagen und einer futuristischen Bahn geschafft“, sagte Professor Nils Krüger, Geschäftsführer des Designbüros. Die Grunddimensionen seien bei der „Generation 15“ erhalten geblieben und vergleichbar mit der Schwebebahn-Baureihe der Jahre 1972 bis 1974. Äußerlich glänzt das Fahrzeug in frischem hellblau, die Innenwände sind hellgrau gefärbt. Charakteristisch seien die nach unten abgeschrägte Frontpartie, die dunklen Fensterbänder sowie das Panoramafenster im Heck. Die selbsttragenden Holzstühle seien leicht, wertig und robust gegen Kratzer und sonstige Beschädigungen, das Cockpit sowie die Durchgänge zwischen den einzelnen Wagen großzügiger gestaltet, um mehr Komfort für Fahrer und Fahrgäste zu schaffen. Der Boden des ersten Schwebebahn-Wagens der neuen Generation ist in einem hellen Grünton gehalten, der sich in Akzenten auch auf der Bestuhlung wiederfindet. Insgesamt wird es von diesem Modell noch zehn Wagen geben, weitere zehn in Rot und zusätzliche zehn in Gelb. Das Gewicht der neuen Schwebebahn beträgt 25,3 Tonnen.

Vollständig Betrieb gehen wird die „Generation 15“ voraussichtlich im Juni 2016. Ab Januar kommenden Jahres werden in den nächtlichen Betriebspausen Testfahrten durchgeführt, um den reibungsfreien Ablauf zu sichern. Der erste Wagen soll im Frühjahr seinen Dienst aufnehmen. „Die erste Fahrt wird ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Schwebebahn“, kündigte Gesamtprojektleiter Michael Zwank der Vossloh Kiepe GmbH an. Für das Düsseldorfer Unternehmen, Tochtergesellschaft des weltweit operierenden Verkehrstechnologie-Konzerns Vossloh AG, ist der Bau der neuen Schwebebahn der bisher größte Auftrag in der Firmengeschichte. „Hier ist nichts von der Stange. Alle Teile wurden gesondert und in Leichtbauweise angefertigt. Darauf können wir alle stolz sein“, sagte Zwank.

Ein weiterer besonderer Moment, der teils mit Jubelrufen begleitet wurde, war die Zusammenkunft einer Schwebebahn aus der Baureihe 1972 und dem Kaiserwagen von 1901, die über dem künftigen Fahrzeug am Schwebebahn-Gerüst zusammentrafen. „Es ist toll, die Ankunft des ersten Wagens hautnah mitzuerleben“, sagte ein Besucher. „Vorher habe ich mir schon viele Details im Internet angesehen, aber den Wagen jetzt als Gesamtkunstwerk zu sehen – das ist schon einzigartig.“

Die Anschaffung einer neuen Fahrzeugflotte ist der letzte Schritt zur Modernisierung des Wuppertaler Wahrzeichens. Bereits 1995 hatten die Wuppertaler Stadtwerke als Betreiber der Bahn (heute WSW mobil GmbH) damit begonnen, Gerüst und Fahrschiene der Bahn komplett auszutauschen. Auch die meisten der 20 Bahnhöfe wurden neu gebaut, darunter auch drei historische Stationen, die in der ursprünglichen Jugendstil-Architektur rekonstruiert wurden. Ein komplett neues Betriebssystem, mit dem die Digital-Technik endgültig bei der Schwebebahn Einzug hält, sorgt für eine größere Leistungsfähigkeit und mehr Sicherheit.